Das sagte die Presse auch noch …

Pressestimmen vergangener Programme und Auftritte zum Stöbern und Nachlesen


Filmlieder wie Meilensteine

Provocale mit dem Programm „Abgedreht“ im Hotel Reiss

Zum einen ging es um die unvergesslichen Oberohrwürmer aus Filmen, die zu Klassikern geworden sind. Gleichzeitig ging es aber auch um Zeitgeschichte. Mit Kraft und Leidenschaft präsentierte der Chor Provocale am Freitagabend im Hotel Reiss das Programm „Abgedreht“ und brachte 21 Songs aus den Jahren 1930 bis 2004 auf die Bühne.

Dabei boten die Sänger eine tolle Performance. Für das „Solidaritätslied“ von Bertolt Brecht, das Hanns Eisler für den Film „Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt“ vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise 1932 vertonte, marschierte der 40-köpfige Chor wie eine Brigade auf. Das hatte Wucht.

Ungeheures Klangvolumen entfaltete der Chor mit „Let The River Run“, dem Titelsong von „Die Waffen der Frauen“. Die gospelähnliche Hymne auf New York City brachte die wunderschön kitschigen Blauhimmelbilder der Wolkenkratzerstadt, Harrison Ford und Melanie Griffith in Erinnerung. Kraftvoll und klar war das Lied „Wenn ein Mensch lebt“ aus „Der Legende von Paul und Paula“, das die DDR-Rockband Puhdys 1973 über Nacht bekannt machte.

Der sechsstimmig umgesetzte Song „Here’s To You“ aus dem Film „Sacco und Vanzetti“, der von dem Justizmord an zwei italienischen Gastarbeitern handelt, trieb Tränen in die Augen. Die Prozession der Sängerinnen und Sänger von der Bühne durch den Saal hinaus war ein intensiver Moment. Zum Schluss war vergessen, dass der erste Song „As Time Goes By“ irgendwie schrill klang. Unter der Leitung von Martje Grandis und Hartmut Schmidt am Klavier vollbrachte der Laienchor eine grandiose Gesamtleistung. Standing Ovations der 300 Besucher. 

HNA Kassel, 14.10.2014, von Gesa Esterer


Politische Lieder mit dem Chor provocale

Ich sage: „Politik, nein danke, der Sumpf ist mir zu nass;!“ So heißt es im Lied „Zeitgeist“, das den inhaltlichen Rahmen des Konzerts mit dem Chor provocale am Sonntagabend in der Johanniskirche in Wolfsanger bildete.

Das als DGB-Chor gegründete Ensemble will unter der Leitung von Martje Grandis provozieren. Und zwar durch Freude an der Musik, am Nachdenken, durch Themen wie Gemeinschaftlichkeit, Solidarität und Demokratie. Und das ist dem Chor bei seinem Auftritt in Wolfsanger auch gelungen.

Mit Verve, klarer Außprache und klanglicher Homogenität wurden traditionelle Lieder und aktuelle Songs auswendig vorgetragen, teilweise sogar gerappt. Kleine Choreografien peppten Songs wie „Tequila Samba“, „Zeitgeist“ oder das „Bürgerlied“ zusätzlich auf.

Publikum war begeistert

Dabei war dem Chor der Spaß anzumerken und nebenbei gelangen auch die Tonartenwechsel sauber und exakt. Nur bei wenigen Liedern wie beispielsweise „Silver Swan“ oder „Für Lou“ waren bei den Sopranstimmen intonatorische Trübungen zu bemerken. Aber die vielseitigen Lieder und die geschickten Arrangements sowie das klare Dirigat der Chorleiterin Martje Grandis wogen die kleinen technischen Unzulänglichkeiten voll auf.

Das Publikum in der gut besuchten Johanniskirche dankte dem Chor mit begeistertem Applaus und wurde mit drei Zugaben belohnt. 

HNA Kassel, 23.4.2012, von Alena Ey 


Rund um Geld

Chor Provocale mit seinem neuen Programm

KASSEL. In der Innenstadt zogen am Samstag die „Markt- und Kulturtage“ viele Menschen an. Da passte das Motto des neuen Programms des Chors Provocale: „Nur wer im Wohlstand lebt…“. Der gewerkschaftsnahe Chor mit Leiterin Martje Grandis allerdings huldigte dem Konsumgebot nicht, sondern löckte in interessanter, gut zusammengestellter Abfolge von 25 Chorsätzen wider den Stachel.

Im ersten Teil gab es das unverzichtbare „Money, Money“ von ABBA, das originelle „Lied des Beschwichtigung-Politikers“ oder Herbert Grönemeyers „Keine Heimat“ mit den eindringlichen Worten „…die Seele verhökert, alles sinnentleert“. Die vierzig Sänger, die in einigen Nummern von Hartmut Schmidt am Klavier begleitet wurden, hatten sich wie zu einer Party verkleidet, standen und saßen locker verteilt auf der Bühne und machten die Situation durch schauspielerische Einlagen anschaulich. […]

Nach der Pause präsentierte sich der Chor in dem überhitzten Raum in der üblichen Aufstellung, was dem Ergebnis sehr guttat. Nun wurde miteinander, nicht nebeneinander gesungen, was zu recht passablen bis guten Resultaten führte, zu hören in Stücken wie „An Tagen wie diesen“ mit Rap-Einlagen, in der „Ballade vom angenehmen Leben“ von Bertolt Brecht und Kurt Weill oder in der ersten Zugabe, „Steh auf, wenn du am Boden bist“ von den „Toten Hosen“.

Die 200 Zuhörer schwitzten und belohnten die Steigerung mit großem Applaus. 

HNA Kassel, 3.10.10, von Johannes Mundryr 


Partystimmung und Pein mit provocale

Kasseler Chor imponierte in der Konzertscheune Calden mit neuem Konzertprogramm

EHRSTEN. Provocale provoziert weiter. Auch mit seinem brandneuen Konzertprogramm „Nur wer im Wohlstand lebt…“ bleibt der ehemalige Kasseler DGB-Chor sich und seiner gesanglichen Hinwendung zum Politischen treu. Den Spannungsbogen zwischen Zeitgeist spiegelndem Schlager und tiefgründigem gesellschaftskritischem Lied erlebte das Publikum in der gut gefüllten Konzertscheune Calden.

Zwei Stunden imponierte der Chor provocale mit einem Kaleidoskop höchst unterschiedlicher Musikstücke und Stile aus Vergangenheit und Gegenwart, die Chorleiterin Martje Grandis fürs aktuelle Programm bearbeitet und neu arrangiert hat.

Stimmig gehen hier Lieder von Brecht/Weill, Eisler oder Ringelnatz eine Liaison ein mit Titeln von Sting, Udo Jürgens, Herbert Grönemeyer, Udo Lindenberg und den Toten Hosen. Sie alle erzählen von der Bühne des Lebens und – in der Zusammenfügung durch provocale – im Besonderen vom Auf und Ab der Wohlstandsgesellschaft zwischen grenzenloser Partystimmung, schmerzlicher innerer Leere und tiefer Nachdenklichkeit.

Die streckenweise bis zu achtstimmige Interpretation der Stücke und die Stimmsicherheit der 40-köpfigen Formation fanden bei den Zuhörern ebenso viel Beachtung wie die aufgelockerte und lebendige Inszenierung durch Michael Wilke mit dem bekannt bewährten Schuss Ironie. Am Piano wie auch mit einer originellen Percussionnummer auf einer Mülltonne begleitete den Chor Hartmut Schmidt.

Einzigartige Atmosphäre

In der Konzertscheune in Ehrsten hat provocale bereits zum dritten Mal in eigener Verantwortung auf. Hier schätzt der Kasseler Chor mit Sängern aus verschiedenen Winkeln der Region neben der großen Bühnenfläche vor allem die einzigartige Atmosphäre. Das Publikum dankte mit anhaltendem Beifall und freute sich über mehrere Zugaben.

HNA Hofgeismar, 16.11.2010, von Dorina Binienda-Beer 


Prosit auf provocale

„Ansichten eines Barhockers“: Kasseler Chor beeindruckte mit Bühnen-Schau in der Konzertscheune

Ehrsten. Mikrokosmos Hotelbar: Manager eines Großunternehmens erholen sich Champagner nippend von den Strapazen eines Seminartages, da fallen rustikale Trachtenfreunde und eine ausgelassene Reisegruppe aus Ostwestfalen ein. 

Die einen stemmen von nun an fröhlich Bierkrüge, die anderen leeren Schnapsgläschen am laufenden Band. Vorbei ist’s mit dem dezenten Gemurmel der smarten Business-Vertreter. Das pralle Leben hat Einzug gehalten, die Grüppchen wachsen dank immer neu gefüllter Gläser schnell zusammen – zu einer eindrucksvollen Sangesgemeinschaft. 

Mit seinem heiter-temperamentvollen Programm „Ansichten eines Barhockers“ war der Kasseler Chor provocale in der Konzertscheune Ehrsten zu Gast, wo 80 Zuhörer eine ausgefeilte musikalische Bühnen-Schau erlebten. 

Schlager neu erlebt 

Tequila Samba und den Kriminaltango servierten die auch darstellerisch überzeugenden Chormitglieder in der Bar-Kulisse ebenso ausdrucksstark wie traditionelle Musikstücke aus Frankreich, den USA und Deutschland. Selbst Schlager „Herzilein“ und das Lipperlied fanden in der kabarettistischen provocale-Interpretation neue Anhänger. 

So konträr die verkörperten Personengruppen in der Inszenierung daher kamen, so homogen präsentierte sich der Chor als Klangkörper. Den Ton gab ausgerechnet die Barbedienung an. Dirigentin Martje Grandis, in dieser Funktion stets um Unauffälligkeit bemüht, trug in ihrer schwarzen Servierschürze Stimmgabel statt Geldbörse. Diskret und souverän führte sie die gut 30 Sängerinnen und Sänger durchs Zwei-Stunden-Programm. Als Mann am Klavier begleitete Wolfgang Fahnert die sangesfreudige Bar-Gesellschaft. 

Organisiert hatte den Abend die Caldener provocale-Sängerin Edeltraud Mazurkewitz, die kurzfristig ein Rollenproblem zu lösen hatte. Für den erkrankten menschlichen Bar-Hocker musste Ersatz her. Als Statist in der Rolle des stummen Beobachters an der Theke sprang Hans-Joachim Koch ( Fürstenwald) ein. Nach der letzten Bestellung in der Bühnen-Bar verabschiedete sich provocale musikalisch mit Bye, bye Friends ß und dankte für anhaltenden Applaus mit drei Zugaben. (pbb) 

HNA Hofgeismar, 15.11.09 


Außergewöhnlich umwerfend

Chor Provocale gastiert im BAC-Theater in den Siepen und begeistert die Zuschauer

Bad Arolsen – Die Zuschauer im BAC-Theater erlebten am Freitagabend Chormusik der besonderen Art. Der Kasseler Chor Provocale begeisterte nicht nur mit einer breiten Palette unterschiedlichster Musikrichtungen sondern auch mit einer perfekten, musikalischen Inszenierung. „Ansichten eines Barhockers“ heißt das Programm des Chores unter der Leitung von Martje Grandis und so wurde aus der Bühne des BAC Theaters eine kleine, schummrige Bar.

Dort trifft dann die Reisegruppe aus Ostwestfalen in fröhlicher Touristenkleidung auf die Manager eines Großkonzern im feinen Zwirn und hinzu kommt noch eine fröhliche Trachtengruppe. Charaktere, die nicht unterschiedlicher sein können. 

Wenn sich dann noch herausstellt, dass die Barbedienung die Chorleiterin Martje Grandis ist, dann ist der Chor komplett. Musikalisch mit der „klingenden Speisekarte“ versucht sie in dem Durcheinander die Wünsche der Gäste aufzunehmen. Und so nimmt das Programm musikalisch seinen Lauf. Bei Hubert von Goiserns „Weit, weit weg“, hielt das Publikum regelrecht den Atem an, das war Gänsehaut pur. Volkstümlich trug die Trachtengruppe „Fein sein, beieinander bleib’n“ vor und brachte die Barbesucher ebenso zum Lachen wie die Reisegruppe mit ihrem „Lipperlied“.

Ob beim Samba, Tango, Swing oder musikalischen Volkweisen, hier harmonisierten nicht nur die Stimmen, sondern am Ende auch die zahlreichen, originellen Persönlichkeiten. Da hatte der Manager mit einer Dame aus der Reisegruppe angebändelt und überall wurde sich immer wieder freundlich zugeprostet bis zum Schluss mit „Herzilein“ nicht nur in der Bar die Lichter ausgeknipst wurden. 

Immer wieder erntete der Chor viel Zwischenapplaus und durfte die Bühne erst nach drei Zugaben verlassen. 

Silke Keim – HNA 2009


Lebendige Sangesfreude

Der Chor Provocale wartete mit breit gefächertem Repertoire und viel Humor auf.

Viel Zwischen- und reichlich Schlussapplaus erntete der Kasseler Chor Provocale am Freitag in der Kulturfabrik Salzmann mit seiner Produktion „Ansichten eines Barhockers“. Die zahlreich erschienenen Zuschauer erwartete nicht nur ein Abend voller schwungvoller Chormusik, sondern auch eine musikalische Inszenierung von Michael Wilke.

Ort des Geschehens: Eine Bar, in der drei klischeehaft gekleidete Reisegruppen unterschiedlicher gesellschaftlicher Couleur (Smokinggewandete, Gamsbartträger und Vereinsmeier) aufeinander treffen und ihre Eigentümlichkeiten auf äußerst humorvolle und musikalische Weise vermischen sollten. Das Ergebnis begeisterte die Zuschauer.

Und das lag nicht nur an den feinen musikalischen Arrangements oder der breiten Palette des Repertoires, das von der alpenländlichen Volksweise über Swing, Samba, Tango bis hin zu den „Fantastischen 4“ reichte. Auch nicht nur an den gut harmonierenden Stimmen oder der präzisen Abstimmung der Stimmregister, sondern vornehmlich an den zahlreichen originellen Persönlichkeiten und spontanen Naturkomödianten, die das Gesicht und die Ausstrahlung von Provocale prägen. 

Steve Kuberczyk-Stein – HNA 20.11.2006 


Herz und Schmerz unter bunten Luftballons

Um Beziehungsprobleme ging es beim Benefizkonzert des Chors „provocale“ im Schlachthof

Kassel – Die Männer in blauen Latzhosen und grauen Arbeitskitteln, die Frauen im Putzfrauen- oder Malerkittel, alle scheinbar beschäftigt mit einem chaotischen Umzug, so präsentierte sich der Chor Kasseler Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter „provocale“ am Freitag im Saal des Philipp-Scheidemann-Hauses. Die 47 Sänger legten sich bei dem Eingangslied „Hit the road, Jack“ sofort ins Zeug und zeigten Stimmgewalt. Im Benefizkonzert zu Gunsten des Kulturzentrums Schlachthof loteten die Laiensänger, mal witzig, mal melancholisch, die Tiefen der Beziehungsprobleme zwischen Männern und Frauen aus. „Keiner liebt dich so wie ich“ war das Motto.

So war die witzige Interpretation des 60er-Jahre-Schlagers von Caterina Valente, „Ein Schiff wird kommen“, ganz den Frauen vorbehalten. Etwa 30 Weiber beugten sich sehnsuchtvoll über die imaginäre Hafenmauer, um dem einen zu harren, der bestimmt kommen wird.
In seinem ironisch-komischen Programm schlug der Chor einen musikalischen Bogen von deutschen Schlagern zu Liebesliedern aus Jazz und Swing. Jazzstücke wie „All the Things You are“ gehörten zu den anspruchsvolleren Stücken. Tiefgründig wurde es mit dem jiddischen Lied „Mayn Rueplats“. Alles kraftvoll gesungen und mit Freude an der Musik vorgetragen.

Eingerahmt wurde das Ganze von einer stimmigen Dekoration: Luftballons, rote und schwarze Herzen. Als Überleitung zwischen den einzelnen Songs trugen die Chormitglieder Renate Schwarz und Jens Brömer eine amüsante Schlacht der Geschlechter aus.

Geleitet wird die Gruppe von Barbara Rosenboom, Michael Wilke und Jens Oppermann, der den Abend am Klavier mitgestaltete. Zur Feier seines 25-jährigen Bestehens ist der Chor momentan auf Benefizkonzert-Tour. 

Sabine Scheffer – HNA 5.7.2004 


Herz, Schmerz und Scherz

Der Chor provocale begeisterte mit seinem Liebeslieder-Programm im Hotel Reiss.

Kassel – Es hätte so schön sein können. So schön schmalzig. Da singen die Damen und Herren den alten Elvis-Hit „Love Me Tender“. Aber plötzlich klingt’s so, als würde eine CD an der Stelle hängen bleiben. Ironie wird bei dem Chor provocale groß geschrieben. Erst recht bei seinem neuen Programm, das mit roten und schwarzen Herzen eine symbolhafte Dekoration hat: Der Chor Kasseler Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter setzte sich an zwei Abenden im Festsaal des Hotel Reiss mit der Liebe und ihrer Kehrseite auseinander.

Und hielt sich an die goldene Billy-Wilder-Regel: Du sollst nicht langweilen. Wechsel der Kostüme und der Bühnenausstattung sowie eine Choreografie mit ständigen Umgruppierungen unterhielten das Publikum. Mal spähten die Sängerinnen starr wie Statuen nach Schiffen aus Hongkong und Shanghai aus (beim Caterina-Valente-Schlager „Ein Schiff wird kommen“). Mal warf man sich in alpine Kluft (beim Volkslied „Fein sein, beinander bleib’n“).
Und zwischendurch widmeten sich zwei Chormitglieder, Renate Schwarz und Jens Brömer, in einer Conference stichelig der Geschlecher-Problematik und philosophierten über dies und das, etwa über den Gebrauchswert von Handys. Wobei auch an einen stimmigen dramaturgischen Bogen gedacht war: Zuletzt herrschten doch die versöhnlichen Töne vor, und die Bühnenausstattung führte in ein bürgerliches Wohnzimmer samt Sofa und Gemälde.

Auch musikalisch bestellte provocale ein weites Feld. Das geordnete Durcheinander eines Mozart-Kanons und Jazziges wie „All the Things You are“ waren da zu hören oder die unschlagbaren Textzeilen der steirischen Blödelpopper Erste Allgemeine Verunsicherung: „Schatziputz, Mausiherz, ich liebe Dich, das ist kein Scherz.“ Alles wurde mit sehr viel Enthusiasmus dargeboten, sodass Fragen der Perfektion zweitrangig waren. Und so gab es an diesem Freitagabend im voll besetzten Festsaal begeisterten Beifall für die mehr als vierzig Sängerinnen und Sänger und für die drei Chorleiter Michael Wilke, Barbara Rosenboom und Jens Oppermann. Provocale bedankte sich mit gleich drei Zugaben. 

Georg Pepl – HNA 17.3.2003 


Ein Chor wird volljährig

Der einstige DGB-Chor „provocale“ präsentierte ein Programm, mit dem er Geschichte und Gegenwart überzeugend darstellte.

Lohfelden – Sie hatten nicht nur anzusingen gegen Chris de Burgh und Helen Schneider, sondern zudem gegen eine sommerlich laue Frühlingsnacht. Dennoch wurde der Chor provocale nicht wirklich auf eine Probe gstellt, als es darum ging, den Bürgersaal zu Lohfelden bis auf den letzten Platz zu füllen. Dies war ihm eine leichte Übung.

Anlass zum Konzert bot die Volljährigkeit des einstigen DGB-Chors: „Volljährig – 21 Jahre Beiträge zu Kultur und Politik“ lautete denn auch das Motto des Abends. Geboten wurde ein retrospektivischer Querschnitt aus dem Chorleben. Neun verschiedene Konzerte hat die rührige Truppe im Laufe der Jahre auf die Beine gestellt. Und im Wandel der Zeit sich selbst verändert: aus der kulturellen Speerspitze der Arbeiterbewegung ist ein Ensemble geworden, das sich heute gern auch daran orientiert, was Spaß macht, ohne dabei die politische Tradition zu verleugnen.

Den Anfang des Abends bildete eine Gruppe von Liedern aus Zeiten, in denen die Solidarität mit Befreiungsbewegungen aus aller Welt im Vordergrund stand. Leicht beschwingte Anti-Apartheit-Songs und südamerikanisches politisches Liedgut, das Widerstand und Lebensfreude immer schon zu verbinden wusste. Me gusta bailar, ich tanze gern, hieß es da, und provocale untermalte seinen Gesang mit rhythmischer Körperbewegung, die dem Auftritt trotz vereinzelt auftretenden hüftsteifen Mittvierzigern bewegenden Esprit verlieh.

Die – wenngleich hier ungewollte – ironische Kontrapunktierung ihres Liedguts durch eine genau dosierte, nicht zu üppige Choreographie gehört zweideutig zu den Stärken des mehr als 40-köpfigen Vereins, dem es stets Anliegen war, sich vom klassischen Gesangverein zu unterscheiden. der Unterschied wurde im Laufe des Abends denn auch präzise herausgearbeitet: eine lustige kleine Oper, ein jiddischer Arbeitslosenmarsch, Brecht und Eisler, das Potpourri „Frieden in 4 Minuten“, inklusive Nicoles unsäglichem „Ein bisschen Frieden“, Abba und Spirituals bildeten ein kontrastreiches Programm, das jenseits aller Formen spießbürgerlicher Glückseligkeit angesiedelt war. Und beim urwüchsigen „Hit the Road, Jack“ triumphierte der Soul endgültig über steife Hüften.

Abgerundet wurde der Abend durch fulminante Gastbeiträge des ukrainischen Duos Retro und Sabine Wackernagel, beides Weggefährten von provocale; mit Tanzmusik klang er dann aus. 

Matthias Pfannkuche – HNA 8.5.2000 


Grandioser Auftritt für zwei 100jährige

„(B)Recht so, Eisler!“ – dieses neue Programm mit dem Chor „provocale“ und Sabine Wackernagel, gab es ein weiteres Mal in der Kulturfabrik Salzmann.

Kassel – Eine Bühne voll mit Sperrholzkisten, Akteure in Kostümen wie an ihren Originalschauplätzen – über dieses Bild hätten Bertolt Brecht und Hanns Eisler sich sicher gefreut. Der Dichter und sein Komponist oder der Komponist und sein Texter, beide wären in diesem Jahr hundert geworden. Freude hätten sie nicht nur an dem Bühnenbild gehabt, sondern auch an der Wiedergabe ihres Werkes, das der Chor „provocale“ und Sabine Wackernagel ein zweites Mal vor ausverkauftem Haus in der Kulturfabrik Salzmann präsentierten.

Ein kraftvolles Piano, kraftvolle Singstimmen erfüllten den Raum. Die Ensemblemitglieder ließen die Zuhörer förmlich das spüren, wovon sie sangen. Von Arbeit und Not, von Hunger und trommelnden Magenwänden, von Herkunft und Weisheit, Ruhm und Stolz, Mühe und Leid, von Einsamkeit und feinen Manieren. Im Gesicht immer den Ausdruck dessen,was sie gerade mitteilten.

Sozialkritik

Trotzdem war es keine todernste Vorstellung. Allerdings waren Brechts Sozialkritik ohne Verbesserungsvorschläge, seine Anklagen, sein Zorn, der aus dem Herzen kam, deutlich zu spüren. Manchmal wirkten die Gesänge von „provocale“ ein wenig sakral, das Piano verlieh ihnen Tempo, machte die Dramatik aus. manchmal provozierten sie mit ihren Stimmen, manchmal verzauberten bizarre Solostimmen, manchmal entführten sie mit Sprechgesang in eine andere Welt.

Von der sie im übrigen auch sprachen. Zum Beispiel vom anderen Kontinent, den man USA nennt. Dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wo alles am größten, schnellsten, schönsten, rasantesten ist.

Sabine Wackernagel erheiterte das Publikum mit pathetisch-verklärenden Huldigungen. Frech und ironisch bringt sie die beiden Jubilare auf die Bühne. Ihr roter Schal bewegt sich dabei so elegant wie die Schauspielerin selbst. Sie spielt die Rolle der Theaterkommunistin perfekt. Akzentuiert ist ihre Sprache. Auch qualmende Zigarillos stehen ihr gut zu Gesicht. Ist sie es selbst oder ist sie Brecht? „Nur wer in Wohlstand lebt, lebt angenehm“, proklamiert sie, während sie in des Wortschöpfers Manier weiterqualmt. Ein Genuß. 

Helga Kothe – HNA 16.12.1998 


Die Nähe zur „Provokation“ ist beabsichtigt

Kassel – „Alles geklaut!“ heißt das Programm mit dem der „Chor Provocale“ in der Factory gestern gastierte. Dahinter verbirgt sich der ehemalige DGB-Chor, 1979 gegründet, der sich 1992 umbenannte – zu übersetzen etwa mit „für die Stimme“. Die Nähe zur „Provokation“ ist jedoch beabsichtigt, denn ihren gewerkschaftlichen Wurzeln blieben die Sängerinnen und Sänger natürlich treu, erklärt Michael Wilke, der sich die Chorleitung mir Barbara Rosenboom teilt.

Das politische Lied der Brecht-Eisler-Tradition nimmt auch heute breiten Raum ein. Im Auftreten zeigt der Chor dabei ein beeindruckendes Spiel mit Farben und Kostümen, das die Inhalte verdeutlicht, die aufs Korn genommenen Durchhalteparolen und Sparappelle einer Elite, die damals mit den Nazis paktierte. Die Schlagworte stehen plötzlich in der Gegenwart, und wirken erschreckend zeitgemäß.

Den größten Raum im „Provocale“-Programm beansprucht jedoch die reine Unterhaltung. Musik um der Musik willen. Auch hier findet sich wieder die liebevolle Arbeit am Visuellen. Die Kostüme wechseln ständig, und die Choreographie von Chorleiter Michael Wilke und Ede Müller setzt geschickt Akzente. Unerwartet, angemessen und niemals aufdringlich ergänzt sie die gesanglichen Leistungen des Chores bei Schubert, Eisler, den Prinzen oder den Comedian Harmonists gleichermaßen.

Die Arrangements entstanden in Teamarbeit, sind also maßgeschneidert, und entsprechend sicher und harmonisch tritt „Provocale“ auf. Die musikalische Begleitung liegt seit einem Jahr in den Händen des ukrainischen Duos „Retro“, bestehend aus Simon Roubinson (Violine) und Ludmilla Stanislawskaja (Piano). Mit ihrer Mixtur aus Swing und Salonmusik verschaffen sie dem Chor die Zeit zum Umkleiden bereichern das Programm jedoch auch um eine Darbietung, die durch Charme, Einfühlungsvermögen und Virtuosität glänzt (Duo „Retro“ am 20.11., 19 Uhr, auch in der Königsgalerie). 

Wolff v. Rechenberg – HNA 1.11.1997